Freitag, 7. Juni 2013

Wie viel kostet ein Zivilverfahren in den Niederlanden?


Als niederländischer Anwalt vertrete ich die juristischen Interessen von deutschen Mandanten, die Partei in einem Zivilverfahren vor einem niederländischen Amts-, Land- oder Oberlandgericht sind. Immer wieder möchten deutsche Mandanten, sowohl Privatkunden als auch Unternehmen, im Voraus von mir wissen, wie viel ein niederländisches Zivilverfahren kostet.

In Deutschland scheint diese Frage oft mehr oder weniger präzise zu beantworten zu sein, da das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die gesetzlich geregelten Gebührensätze für Rechtsanwälte vorgibt.

Ich muss aber meinen deutschen Mandanten antworten, dass man in den Niederlanden keine mit der RVG vergleichende Gebührenordnung kennt und dass also eine Antwort auf der Frage nicht gut bzw. gar nicht zu erteilen ist. Die meisten niederländischen Anwälte arbeiten auf Basis von Stundensatz. Gibt es also viel Aufwand und dauert ein Verfahren länger, dann werden die Anwaltskosten in der Regel selbstverständlich auch zunehmen. Natürlich gibt es alternative Lösungen, zum Beispiel kann man einen festen Honorarbetrag vereinbaren. Eine Vergütung auf Basis von „No Cure No Pay“ ist jedoch nicht gestattet. Oder sollte man vielleicht sagen, noch nicht gestattet? Denn schon seit einiger Zeit wird über die Möglichkeit eines „No Cure No Pay“ im Parlament diskutiert. Es ist niederländischen Anwälten zur Zeit sogar erlaubt, als eine Art Experiment in bestimmten Haftungsfällen auf Basis von „No Win No Fee“ tätig zu sein.

Wenn Sie ein Zivilverfahren gewinnen, also ein günstiges Urteil bekommen, wird die Gegenseite meistens zwar vom Gericht verurteilt, ihre Anwaltskosten zu tragen, aber dabei handelt es sich oft nicht um die tatsächlich gemachten Anwaltskosten. Die Anwalts- und Gerichtskosten werden vom Gericht festgesetzt. Dabei bedient das Gericht sich von Pauschalbeträge. Diese Beträge sind viel niedriger  als die tatsächlich gemachten Anwaltskosten.

Es gibt jedoch Ausnahmen. Zum Beispiel in Verfahren, bei denen es sich um Urheberechte handelt. Der Artikel 1019h des niederländischen Bürgerliches Gesetzbuches macht es möglich, in einem solchen Fall die tatsächlich angefallenen Anwaltskosten zu fordern und vom Gericht vergütet zu bekommen.

Sie können sich vorstellen, dass, vor allem wenn man als Gläubiger zum Beispiel eine geringe Geldforderung gegen einen niederländischer Schuldner hat, ein Verfahren in den Niederlanden vielleicht nicht sehr attraktiv erscheint. Jedoch gibt es besonders auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden geringen unbestrittenen Geldforderungen für  Gläubiger noch interessante Möglichkeiten über die ich ein anderes Mal gern berichten werde.

Zu den Kosten gehören auch noch die Gerichtskosten („griffierecht“). Die Gerichtskosten sind gesetzlich geregelt und abhängig von dem Streitwert. Die Tarife der Gerichtskosten sind ab dem 01. Januar 2013 erhöht worden. Die Gerichtskosten sind fristgemäß und vorab zu zahlen. Auch die Kosten des Gerichtsvollziehers kommen noch dazu. Der niederländische Gerichtsvollzieher stellt, anders als in Deutschland die Vorladungen („dagvaardingen“) zu.

Übrigens ist es so, dass vor dem Amtsgericht ("Team Kanton") Prozessparteien ihre Sache selbst vertreten können, denn es besteht keine Anwaltspflicht. Das Amtsgericht ist in erster Instanz unter anderem zuständig für Forderungen bis zu einer Höhe von 25.000,00 €.

Ich hoffe, Sie mit diesem kurzen ersten Beitrag ein wenig informiert zu haben. Haben Sie noch Fragen zu diesem Thema dann können Sie gern Kontakt zu mir aufnehmen. Oder vielleicht haben Sie sogar gute oder schlechte Erfahrungen bezüglich eines Zivilverfahrens in den Niederlanden gesammelt? Diese können Sie dann gern hier teilen!


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