Dienstag, 23. Juli 2013

Die Kündigung von niederländischen Dauerschuldverhältnissen


Kann man nach dem niederländischen Recht ein Dauerschuldverhältnis kündigen?

Für bestimmte Arten von Dauerschuldverhältnissen („benoemde duurovereenkomsten“), zum Beispiel wenn es sich um einen Arbeitsvertrag oder ein Mietvertrag handelt, enthält das niederländische BGB („Burgerlijk Wetboek“) Vorschriften über die Kündigung. Für die Arten von Dauerschuldverhältnissen („onbenoemde duurovereenkomsten“), die nicht in dem niederländischen BGB geregelt worden sind, wie die Vertriebsvereinbarung, die Lizenzvereinbarung oder die Gesellschaftervereinbarung, gibt es auch keine gesetzlichen Vorschiften bezüglich einer Kündigung, auf die man zurückgreifen könnte. 

Wenn es außerdem keinen gesetzlichen Grund gibt, um den Vertrag rückgängig zu machen und die Parteien auch vertragsrechtlich keine Kündigungsmöglichkeiten vereinbart haben, muss die Frage, ob das Dauerschuldverhältnis kündbar ist, an Hand der Jurisprudenz beantwortet werden. Es hängt dann vom konkreten Fall ab, ob ein solches Dauerschuldverhältnis kündbar ist. Global könnte man aber Folgendes zu der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen sagen:

In einem Fall aus 1999 (HR 3. Dezember 1999, NJ 2000,120 (Latour/De Bruijn)) hat der Hoge Raad,  das höchste niederländische Gericht, geurteilt, dass ein Dauerschuldverhältnis generell nicht kündbar ist, es sei denn, dass ein ausreichender, schwerwiegender Grund vorliegt. Gibt es einen solchen Grund nicht, obwohl die benachteiligte Partei ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Vertrag nicht gekündigt wird, könnte eine Berücksichtigung der Interessen dazu führen, dass der Vertrag nicht gekündigt werden kann und somit für unbefristete Zeit weiterhin gilt.

Von niederländischen Gerichten wird dieser Fall oft als Ausgangspunkt angenommen, wobei eine Kündigung dann manchmal doch, oder manchmal auch nicht möglich ist, wenn nur eine ausreichende Kündigungsfrist eingehalten wird und/oder ein ausreichender Schadensersatz gezahlt wird. Die Gerichtsurteile sind zu unterschiedlich, um eine einheitliche Linie entdecken zu können.

Am 28 Oktober 2011 hat der Hoge Raad, jedoch eine wichtige Entscheidung bezüglich der Kündigungsmöglichkeit eines Dauerschuldverhältnisses abgegeben (Hoge Raad 28 Oktober 2011, zaaknr. 10/00299, LJN: BQ9854). Dabei urteilte der Hoge Raad anders als in 1999: ein Dauerschuldverhältnis ist im Prinzip kündbar.

Außerdem folgt aus dieser Entscheidung, dass, sofern man ein Dauerschuldverhältnis kündigt, nicht immer ein ausreichender, schwerwiegender Grund vorhanden sein muss und sofern es einen solchen Grund nicht gibt, ein Vertrag nicht automatisch unkündbar ist.

Stets sollte aufgrund der Angemessenheit und Billigkeit beurteilt werden, ob ein schwerwiegender Grund notwendig ist. Dazu sollten die Interessen der Parteien abgewogen werden, wobei nicht nur eine finanzielle Abwägung stattfinden sollte, sondern auch berücksichtigt werden müsste, ob man geschäftlich von der Fortsetzung des Vertrages abhängig ist. In dem Fall aus 2011 wurde dies von der Partei, welche sich der Kündigung widersetzte, nicht erwähnt. Ebenso wenig wurden andere Umstände aufgeführt, welche einen schwerwiegenden Grund für die Kündigung vorausgesetzt hätten.


Montag, 15. Juli 2013

Die Anerkennung und Zwangsvollstreckung eines deutschen Urteils in den Niederlanden


Wenn Ihre niederländische Gegenseite in einem deutschen Gerichtsverfahren verurteilt worden ist, Ihre Geldforderung zu zahlen, dann möchten Sie diesen Titel selbstverständlich vollstrecken lassen. Aber wie und wo machen Sie dass, wenn der niederländische Schuldner nicht in Deutschland, sondern in den Niederlanden wohnhaft/sesshaft ist und er nur da über ein pfändbares Vermögen verfügt?

Im Prinzip muss man, wenn man ein solches Gerichtsurteil in den Niederlanden vollstrecken lassen möchte, dieses erst in einem sogenannten Exequatur-Verfahren in den Niederlanden für vollstreckbar erklären lassen. Man kann sich dabei nur von einem Anwalt vor Gericht vertreten lassen. Der wird einen Antrag bei dem Präsidenten des niederländischem Landgerichts einreichen. Dies kann sein vor dem Landgericht in dem Ort („Arrondissement“), wo die Gegenseite wohnhaft/sesshaft ist, oder da, wo die Zwangsvollstreckung stattfinden muss. Eine inhaltliche Prüfung der Angelegenheit von dem Präsidenten des Landgerichts findet nicht statt. Es muss eine beglaubigte Kopie des originalen Urteils eingereicht werden sowie Unterlagen aus welchen hervorgeht, dass das Urteil in Deutschland vollstreckbar ist. Der Präsident kann erlangen, dass die Unterlagen von einem vereidigten Übersetzer auf Niederländisch übersetz werden. Der Präsident wird sein Urteil begründen müssen. Gegen das Urteil kann man Berufung einstellen. Falls es sich um ein Versäumnisurteil handelt, hat die Gegenseite keine Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen.

Also hier sieht man, dass man im Grunde genommen ein kleines Verfahren in den Niederlanden einleiten muss, um zuerst den deutschen Titel anerkannt zu bekommen, sodass danach die Vollstreckung stattfinden kann. Daran sind natürlich etwaige Kosten verbunden und es kann zeitraubend sein.

Für unbestrittene Geldforderungen besteht unter Umstände übrigens eine andere Möglichkeit. So kann man den deutschen Richter, der die Entscheidung gefällt hat, bitten, einen europäischen Vollstreckungstitel abzugeben. Mit einem solchen Titel könnte man dann sofort, also ohne dass man erst noch ein Exequatur-Verfahren einleiten müsste, die Zwangsvollstreckung in den Niederlanden betreiben.

Der niederländische Gerichtsvollzieher wird den Titel dem Schuldner zustellen. Der Schuldner bekommt dann noch eine kurze Zahlungsfrist. Wenn die Zahlung ausbleibt, wird die Zwangsvollstreckung betrieben. Dabei ist es relevant zu wissen, ob es ein pfändbares Vermögen gibt. Oft verfügt der Gläubiger nicht über solche Informationen. Dann ist es ratsam, dies zum Beispiel vorher untersuchen zu lassen.